… in Zeiten der Krise
Die Coronapandemie hat beklemmende Differenzierungen von jung und alt zur Diskussion gestellt – quasi „neue Generationenverträge“ hervorgebracht: Die Jungen gehen arbeiten, die Alten werden isoliert. Ebenso hätte man fordern können: Die Männer, die mehr von diesem Virus betroffen sind, bleiben zu Hause, die Frauen dürfen raus.
Die Coronakrise, deren Auswirkungen wir immer noch spüren, hat uns aber ein Miteinander der Generationen neu gelehrt:
- Unendlich wichtig ist die Gemeinschaft von Jung und Alt.
- Nur gemeinsam und in Solidarität und Subsidiarität (gegenseitiger Unterstützung) werden Krisen bewältigt.
Solidarität bedeutet wesentlich mehr als bloße Fairness im Umgang miteinander und Achtung vor den Bedürfnissen der anderen.
Christliche Solidarität bedeutet ein Sich-Einsetzen für Menschen über ausgrenzende Unterschiede hinweg. Besonders das Eintreten für die Schwächeren ist notwendig. Es gehört zu den demokratischen Grundrechten, die Interessen von Benachteiligten zu vertreten. Christinnen und Christen, alt und jung, müssen sich bei entscheidenden Fragen und Anliegen lautstark zu Wort melden.
Neu ist die Solidarität der Altengenerationen untereinander – die Hilfe der Älteren für Alte und Hochbetagte. Diese gilt es deutlich zu machen und deren Notwendigkeit zu stärken.
Auch bedarf es einer neuen Solidarität zwischen den Geschlechtern. Soll der viel zitierte „Generationenvertrag“ auf eine neue Grundlage gestellt werden, muss eine neue Kultur des Verstehens zwischen den Geschlechtern entwickelt werden. Dazu wird es nötig sein, dass Männer künftig mehr bereit sind, einen Teil der Sorge um alte, hilfs- und pflegebedürftige Menschen zu übernehmen.
Subsidiarität fängt unten an und plädiert für das Recht der kleinen Lebenskreise, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. „Hilfe zur Selbsthilfe“ steht im Vordergrund, dann helfend und unterstützend bereit zu stehen, wenn die oder der Einzelne aus eigener Kraft nicht dazu in der Lage ist oder an die Grenzen gekommen ist. Dabei darf der Zeitpunkt, wie lange die Hilfe notwendig ist, nie aus dem Blick verloren werden. Hier überschreite ich als Person auch immer wieder meine eigenen Grenzen. Diese Verantwortlichkeit lernen wir im Umfeld der Familie – gerade auch, wenn die Generationen sich begegnen; die Themen „loslassen können“, „Vertrauen“ und „ Nähe und Distanz“ finden sich in jeder Beziehung – generationenübergreifend – sowohl in der Familie als auch zum fremden Nächsten.
Es braucht echte Begegnung und eine gute Verständigung zwischen den Generationen; dies gelingt zunächst auf der Basis gemeinsamer Interessen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass jede Generation hinreichend über die Lebenswelt wie auch über die Probleme der anderen Generation informiert ist. Es gilt die Gemeinsamkeiten zwischen den Generationen zu erkennen und die Individualität des Einzelnen – unabhängig von seinem Alter – respektieren und schätzen zu lernen.
Dr. Marianne Habersetzer, Vorsitzende des Landesforums Katholische Seniorenarbeit Bayern